Schwerpunkt Ökolandbau in der landwirtschaftlichen Ausbildung in Schleswig-Holstein

Foto: Domäne Fredeburg

Anna Nele Breden gehörte 2020 zu den ersten Absolventinnen der Öko-Klasse am BBZ Bad Segeberg. Die Öko-Klasse gibt es seit dem Schuljahr 2019/2020 an drei Standorten in Schleswig-Holstein: an den landwirtschaftlichen Berufsschulen in  Husum (Bredstedt), Rendsburg und Bad Segeberg. In den einzelnen Fächern wird mehrheitlich Wissen zum Ökolandbau und zur Vermarktung von ökologischen Erzeugnissen vermittelt. Regelmäßige Exkursionen zu Bio-Betrieben und praktische Übungen ergänzen den Unterricht. Die praktischen Abschlussprüfungen der Landwirtschaftskammer können auf einem ökologisch wirtschaftenden Betrieb stattfinden.

Was hat dich dazu gebracht eine Ausbildung als Landwirtin zu beginnen? Und hattest du schon vor deiner Ausbildung einen Bezug zur Landwirtschaft?

Ich bin auf einem Demeter-Betrieb nahe Hamburg aufgewachsen, daher bin ich schon früh in Berührung mit Landwirtschaft gekommen. Meine Interessengebiete lagen schon immer bei der Landwirtschaft und Pädagogik, sodass ich nach dem Abi zunächst in einer heilpädagogischen Lebens- und Arbeitsgemeinschaft in Hamburg gearbeitet habe und anschließend Bildungs- und Erziehungswissenschaften in Oldenburg studiert habe. Während des Studiums kam mir die Idee, noch eine landwirtschaftliche Lehre zu machen.

Nach Beendigung meines Studiums bin ich direkt nach Schleswig-Holstein gegangen und habe auf der Domäne Fredeburg meine Ausbildung zur Landwirtin absolviert.

Mein Ziel war es, meine Interessensgebiete Landwirtschaft und Soziales miteinander zu kombinieren. Mittlerweile liegt mein Fokus stärker auf der Landwirtschaft, aber in einer Hofgemeinschaft bleiben soziale Prozesse natürlich nicht aus, das finde ich sehr spannend. In dieser Kombination geht Landwirtschaft für mich über einen reinen Beruf hinaus und wird zu einem Lebenskonzept.

Auch mag ich vielseitige Direktvermarktungsbetriebe mit engem Kundenkontakt, wo man unmittelbar Ernährungsbildung betreiben kann und Kindern sowie Erwachsenen wieder einen Zugang zur Landwirtschaft und zum Ursprung unserer Nahrungsmittel ermöglicht.

 

Wie hast du erfahren, dass es in Schleswig-Holstein eine spezielle Öko-Klasse mit dem Schwerpunkt Ökolandbau in der Ausbildung gibt?

Als ich die Ausbildung anfing, gab es die Öko-Klasse im dritten Lehrjahr noch gar nicht. Ich wollte mich dann fürs dritte Jahr in Hannover anmelden, um das, was ich praktisch auf den Höfen gelernt habe, auch theoretisch zu vertiefen, da in Hannover eine Spezialisierung in der Ausbildung auf den Ökolandbau angeboten wird.  Dorthin sind damals viele Öko-interessierten Schüler*innen gegangen, was zur Folge hatte, dass es kaum noch Öko-Azubis im dritten Lehrjahr in Schleswig-Holstein gab. Für die schleswig-holsteinischen Öko-Betriebe ist die Öko-Klasse also ein großer Zugewinn und für die Azubis ein weiteres Argument nicht in ein anderes Bundesland zu wechseln.

Aber dann hat es sich ergeben, dass in Schleswig-Holstein eine Spezialklasse für den Ökolandbau eingeführt wurde und ich zum ersten Jahrgang der Öko-Klasse gehörte. Ansonsten wäre auch aus Schleswig-Holstein abgewandert, so wie die meisten.

 

Warum hast du dich dann für die Öko-Klasse entschieden?

Für mich war immer klar, dass ich im Herzen Öko-Landwirtin bin. Auch wenn ich auf einem Demeter-Betrieb aufgewachsen bin, habe ich mich gegen die Freie Ausbildung (Anmerkung: die Freie Ausbildung ist die Ausbildung für biologisch-dynamischen Landbau des Anbauverbandes Demeter und eine Alternative zur staatlichen Ausbildung) entschieden, sondern die staatliche Ausbildung gemacht. Ich wollte auch die konventionelle Landwirtschaft kennenlernen und mich damit auseinandersetzen wie meine Berufskolleg*innen arbeiten. Das habe ich dann in meinem ersten Ausbildungsjahr kennengelernt. 

 

Wie war es für dich in der Öko-Klasse in Bad Segeberg?

Es hat sehr viel Spaß gemacht. Wir waren damals ein sehr starker Jahrgang an den drei Standorten Husum, Rendsburg und Bad Segeberg. In Bad Segeberg waren die meisten Schüler. Wir waren so 16 bis 17 Leute.

Es ist eine richtig gute Schule, der Besuch der Öko-Klasse hat meine Ausbildung rund gemacht – ich stehe voll dahinter und finde es wichtig, dass es die Öko-Klasse gibt.

 

Welche Vorteile einer speziellen Öko-Klasse siehst du?

Ein großer Vorteil ist, dass man sich gut vernetzen und mit den Lehrern im Austausch sein kann. Es war eine gute Mischung aus Input der Lehrer und dem Einbringen eigener Erfahrungen der Schüler.

Ein riesiger Vorteil ist, dass die Praxiserfahrungen aus der Öko-Landwirtschaft im Unterricht vertieft werden. Im konventionellen Bereich hingegen werden sie häufig nur benannt.

Die Lehrer sind  - für Bad Segeberg kann ich es mit Sicherheit sagen – sehr engagiert und nett, kennen sich gut mit der Praxis in der ökologischen Landwirtschaft aus.

Es war sehr angenehm und immer auf einem niveauvollen Level. Es wurde nicht polarisiert und in „Öko gleich gut“ und „Konventionell gleich böse“ kategorisiert. Die Themen wurden differenziert betrachtet und auf einer sachlichen Ebene belassen. Die Schülerinnen und Schüler waren hochmotiviert und engagiert. Da auch einige ältere Berufsschülerinnen dabei waren, war das Niveau hoch.

Auch für die Ausbildungsbetriebe ist es ein Qualitätsgewinn, wenn ihre Azubis in der Öko-Klasse lernen.

 

Welche Unterschiede gibt es zum konventionellen Unterricht?

Viele Inhalte sind ähnlich, z. B. im Bereich Tier – jede Futterration wird gleichberechnet, egal ob konventionell oder ökologisch. Im Bereich Pflanzenbau gibt es schon einige Unterschiede.  Zum Beispiel ist im konventionellen Pflanzenbauunterricht das Thema Raps sehr präsent – im Ökolandbau eher das Thema Kleegras und Leguminosen, was sehr wichtig für angehende Öko-Landwirt*innen ist.

Öko-Inhalte werden im Unterricht auch in Bezug zur konventionellen Wirtschaftsweise gesetzt. Ein großes Thema ist auch der Pflanzenschutz und die Pflanzenspritze. Denn das sind wichtige Themen, die auch für den Pflanzenschutzsachkundenachweis pflichtmäßig behandelt werden müssen.

 

Was macht den Hauptunterschied aus?

Zum Beispiel dass auch im Detail auf die ökologische Landtechnik eingegangen wird, z.B. Hackstriegel oder Hackmaschinen. Während diese im konventionellen Unterricht nur angeschnitten werden, werden sie in der Öko-Klasse vertieft behandelt, d.h. es wird konkret auch auf Einstellungen der Maschine wie z.B. Zinkendruck bei unterschiedlichen Standortbedingungen etc. eingegangen.

 

Welchen Stellenwert hat das Thema Vermarktung von Bio-Lebensmitteln, da im Vergleich zur konventionellen Vermarktung oft andere Vermarktungswege notwendig sind?

In der Berufsschule war das Thema präsent und es wurde klar herausgestellt, dass es andere Vermarktungsstrukturen gibt. Es wurde allerdings nicht im Detail behandelt – in der Fachschule wird das eher ein Thema sein.

 

Ein häufig angeführtes Gegenargument für die Ökoklasse ist, dass das Voneinanderlernen total auf der Strecke bliebe – stimmt das ? Wie ist deine Erfahrung?

In der Mehrheit waren es überzeugte angehende Ökolandwirt*innen, es gab aber auch Quereinsteiger*innen, die nicht vom Hof waren, viele die was anderes gemacht haben und auch Schüler von konventionellen Betrieben haben die Öko-Klasse aus Interesse besucht.

Das zeigt, dass die Öko-Klasse ihre Berechtigung hat, denn der Ökolandbau hat in der Landwirtschaft seinen festen Platz gefunden und wir haben in der Öko-Klasse gut voneinander gelernt und sind im Austausch geblieben. Und es gibt Auszubildende vor Ort die Bedarf haben an einer eigenen ökologisch angepassten Berufsschulausbildung und welche sonst aus Schleswig Holstein wegziehen müssten. Es ist eine interessante Ergänzung.

Den Austausch hat man in den ersten beiden Ausbildungsjahren – man erwirbt das Basiswissen gemeinsam und dann vertieft man sich im dritten Jahr. Da finde ich es absolut legitim im dritten Jahr einen Interesses-Schwerpunkt zu setzten!

Angesichts der großen Herausforderungen für Betriebe – z.B. der Inflation, den klimatischen Veränderungen etc., reicht es nicht nur aus, zu sagen, dass man Ökolandbau macht, es ist wichtig, viel zu lernen und für die Zukunft gewappnet zu sein.

Und daher ist es auch wichtig, sich in die Öko-Klasse zu setzen. Es ist auch legitim, sich in zwei Klassen zu teilen – und das heißt nicht, dass man keine Berührung mehr hat.

Es ist kein Argument, dass ich auf meine gute Ausbildung verzichte.

 

Wie ging es nach der Ausbildung für dich weiter? Was machen andere Absolventen der Öko-Klasse?

Nach zwei Jahren als Gesellin bin ich auf die Fachschule für Ökologischen Landbau nach Kleve gegangen und bilde mich dort weiter. Andere machen zum Beispiel auch ein einschlägiges Hochschulstudium.

 

Weiterführende Informationen:

Für die Ökoklasse ist vorab keine Anmeldung erforderlich. Am ersten Schultag, der u. a. im Bauernblatt bekannt gegeben wird, können die Auszubildenden die Klasse wählen. Bei Fragen zu Inhalten, Organisation und Anmeldung können sich Interessierte gerne bei den jeweiligen Ansprechpartner:innen melden:

BBZ Bad Segeberg, Sven Jantzen: 04551 95689-0, sven.jantzen@bbz-se.de

BS Husum, Lena Zirpins: 04841 8995320

BBZ NOK (Rendsburg), Sekretariat: 04331 8414-0